Strategischer Essenzialismus

wird im Sinne einer dekonstruktivistischen Herangehensweise benutzt. Die subalterne Identität erweist sich für Spivak nicht als eine „wahre“  oder gar „natürliche“ Essenz, sondern als fiktional und wirkungsmächtig. Ein subalternes Bewusstsein sei demnach eine „theoretische Fiktion“ mit hohem strategischem Wert, insofern es ermöglicht, die dominante koloniale und national-bürgerliche Geschichtsschreibung einer fundamentalen Kritik zu unterziehen.

(vgl. Castro Varela, Maria do Mar/Dhawan, Nikita: Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. Bielefeld: transcript 2005, S.69-77)

Repräsentation

Konzept, bei dem Spivak erneut auf Marx zurückgreift  und eine doppelte Bedeutung für Repräsentation herausstellt: „darstellen“ (als ästhetisches Porträt)  und „vertreten“ (durch einen politisch Bevollmächtigten). Für Spivak spitzt sich dies zu in einem Verständnis von Darstellung als „ein Sprechen von“ und von Vertretung als „ein Sprechen für“. Die Figur des kritischen westlichen Intellektuellen wird in Spivaks Essay repräsentiert von den Poststrukturalisten Foucault und Deleuze. Durch die Privilegierung  lokaler Konflikte und mikropolitischen Formen des Widerstandes geraten den Poststrukturalisten die globalen Zusammenhänge aus dem Blick. Die Nichtanerkennung ideologietheoretischer Annahmen verleitet zu einer Perspektive, welche die Marginalisierten als klassisch-humanistische Subjekte konstruiert, die widerständig und ihrer Lage voll bewusst sind. So meint Foucault, die Massen seien in der Lage für sich selbst zu sprechen und bräuchten den Intellektuellen nicht. Die Intellektuellen selber sind Teil bestehender Machtkonfigurationen, die sie zu einem Objekt und Instrument derselben transformieren.

(vgl. Castro Varela, Maria do Mar/Dhawan, Nikita: Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. Bielefeld: transcript 2005, S.69-77)

Subalterne

wurde als Konzept von Indian Subaltern Studies Group aus Gramscis Gefängnishefte entliehen, wo die „Subalterne“ ursprünglich als diejenigen beschrieben sind, die keiner hegemonialen Klasse angehören, die politisch unorganisiert sind und über kein allgemeines Klassenbewusstsein verfügen. Die Subaltern Studies Group überträgt dies auf die vernachlässigte ländliche Bevölkerung in Indien.

Für Spivak sind die Subalternen vor allem die marginalisierten sozialen Gruppen, die auf sozialen Skala noch tiefer verortet werden und damit aus der Geschichtsschreibung (sowohl der Kolonisierer als auch der Kolonisierten) praktisch herausfallen. Der Fokus ihrer Analyse liegt dabei auf der Subjektposition der weibliche Subalternen, die nach Spivak von einer doppelten Marginalisierung gekennzeichnet ist (ökonomisch und geschlechtlich) durch ein koloniales und einheimisches Patriarchat, in dem Frauen gefangen sind. Anhand der Tradition der Witwenverbrennung stellt Spivak fest, dass die indischen Frauen stets durch eine männliche Seite repräsentiert werden: einerseits von eigenen Männern und anderseits von den britischen Kolonisten. Die Subalterne (Frauen) erscheint als Objekt ohne Stimme. “The subaltern cannot speak”: heißt nicht, dass die “subalterne Frau” nicht sprechen könne, sondern sie zielt vielmehr ab auf die Verhinderung dieses Sprechens durch die Wissensproduktion des Intellektuellen.

(vgl. Castro Varela, Maria do Mar/Dhawan, Nikita: Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. Bielefeld: transcript 2005, S.69-77 sowie

Spivak: „Can the subaltern speak?“ In: Ashcroft, Bill/Griffiths, Gareth/Tiffin, Helen (Hg.): The post-colonial studies reader. London/New York: Routledge 1995, S. 24-28


Übersetzung und Mimikry

Übersetzung (engl. translation): Die Übertragung von Bedeutungen und Werten z.B. in eine fremde Kultur. Übersetzung kann zum Beispiel passieren indem man das Fremde nachahmt (siehe auch Mimikry) und dies gleichzeitig interpretiert.

„Im Prozeß der Übersetzung wird ein weiterer politischer und kultureller Kampfplatz im Zentrum der kolonialen Repräsentation selbst aufgeschlossen. [...] Das unberechenbare kolonisierte Subjekt – halb fügsam, halb widerspenstig, aber nie vertrauenswürdig – schafft für die Zielrichtung der kolonialen kulturellen Autorität ein unlösbares Problem kultureller Differenz.“ (Bhabha 2000: 51)

 

Mimikry: Nachahmung, bzw. Spiegelung des Anderen. Jedoch niemals eine perfekte Nachahmung  (denn dann würde man das Andere nicht mehr nachahmen, sondern wäre bereits assimiliert, d.h. zum Anderen geworden), sondern eine Spiegelung mit einer Markierung, d.h. einem verfremdenden Element der eigenen Identität. Mimikry ist performativ, da sie immer eine neue Aushandlung von des gespiegelten Objektes und der Identität des Spiegelnden herausfordert.

„Unter dem Schutz der Tarnung ist die Mimikry [...] ein Teil-Objekt, das die normativen Systeme des Wissens über die Priorität von Rasse, Schreiben, Geschichte radikal umwertet.“ (Bhabha 2000: 134)

Bhabha, Homi K. (2000): Die Verortung der Kultur. Tübingen: Stauffenburg.

Dritter Raum

Raum (engl. space): Ein Erfahrungsbereich. Der dritte Raum (third space) entsteht im Spannungsfeld zwischen Identität und Differenz und beschreibt das Bild eines Ortes an dem sich Differenzen ohne Hierarchisierung treffen, die Grundvoraussetzung für Hybridisierung

„Das Treppenhaus als Schwellenraum zwischen den Identitätsbestimmungen wird zum Prozeß symbolischer Interaktion, zum Verbindungsgefüge, das den Unterschied zwischen Oben und Unten, Schwarz und Weiß konstituiert. Das Hin und Her des Treppenhauses, die Bewegung und der Übergang in der Zeit, die es gestattet, verhindern, daß sich Identitäten an seinem oberen und unteren Ende zu ursprünglichen Polaritäten festsetzen. Dieser zwischenräumliche Übergang zwischen festen Identifikationen eröffnet die Möglichkeit einer kulturellen Hybridität, in der es einen Platz für Differenz ohne eine übernommene Hierarchie gibt“ (Bhabha 2000: 5)

Bhabha, Homi K. (2000): Die Verortung der Kultur. Tübingen: Stauffenburg.