Kolonisation

Die Kolonisation – der Zeitraum seit der ersten  Entdecker- und Erobererzüge („1492“) bis zur heutigen Form der Globalisierung – hat sich in die Kulturen der Kolonisierten eingeprägt und sie irreversibel  transformiert. Ein Zurück „zu den Ursprüngen“ oder zu kolonial unverseuchten, unberührt gebliebenen Wurzeln gibt es nicht.
Dabei ist die transkulturelle Umformung keineswegs auf die kolonisierten Regionen beschränkt, sondern umfasst gleichermaßen die imperialen Metropolen.
Hall will – im Gegensatz zum Kolonialdiskurs anderer Theorien - die koloniale Begegnung nicht als binäre Opposition Colon –Kolonialherr verstanden wissen, sondern neu lesen als beiderseitige, wechselseitige Form der Transkulturation.
Konsequent wird auch das Verständnis der kolonialen Raumes angefochten: das klar geschiedene Innen-Außen-Territorium  des Kolonialsystems ist nicht haltbar, die Landkarte des Kolonialismus muss neu gezeichnet werden. Die Beziehungen und Prozesse verlaufen nicht einseitig zwischen Zentrum (imperialer Metropole) und Peripherie, sondern als ein Geflecht von Wechselbeziehungen: auch zwischen Peripherie und  Zentrum sowie der Peripherien untereinander, global und lokal.
Danach ist die Kolonisierung keine Nebenhandlung auf dem Schauplatz der (imperialistischen) Weltgeschichte. Die Geschichte der Kolonisation soll nichts weniger als den Mittelpunkt einer ganz neuen Geschichtsschreibung darstellen.

Hall, Stuart: „Wann war ‚der Postkolonialismus‘? Denken an der Grenze“. In: Bronfen, Elisabeth/Marius, Benjamin/Steffen, Therese (Hg.): Hybride Kulturen. Beiträge zur anglo-amerikanischen Multikulturalismusdebatte. Tübingen: Stauffenburg 1997, S. 219-246


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