Métissage

wohl ältester Begriff zur „Bezeichnung von Phänomenen kultureller Hybridität“

stammt aus Portugiesischem Mestizao (16. Jahrhundert, Brasilien), ist kolonialen Ursprungs, bezeichnet biologische Mischung von Angehörigen unterschiedlicher Ethnien

avanciert in 1930er Jahren zu zentralem Begriff der Kolonialideologie, bes. im französischen Kolonialreich
„anvisierte assimilationistische Verschmelzung der Kulturen des Mutterland und der Kolonien unter der Hegemonie der französischen Sprache und Kultur“ -->
koloniale Ideologie der Rassen- und Kulturmischung

Gegenkonzept: Négritude (Senghor, Césaire, Damas und Sadji) = Apologetik der ästhetischen und kulturellen Werte Afrikas, radikale Ablehnung von Hybridisierung

1980er Jahre: neue theoretische Aufladung des Konzepts durch Glissant und Gruzinski oft synonym mit Néo-Baroque, Hybridité und Créolité

Gruzinski und Zamundio-Taylor: zwei Dimensionen: a. Form interkultureller Identität im Kontext des Kolonialismus; b. kultureller Widerstand (nicht Schweigen oder Verweigerung, sondern häretisch-subversive Aneignung sprachlicher und kultureller Muster Bsp: Architektur, Kunst, Literatur

Stil des Barock scheint charakteristische Ausdrucksform interkultureller Synkretismen


nach: Lüsebrink, Hans-Jürgen: „Kulturraumstudien und Interkulturelle Kommunikation“. In: Nünning, Ansgar/Nünning, Vera: Konzepte der Kulturwissenschaften. Stuttgart: Metzler 2003, S. 307-328, hier: S. 322-325



1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

zunächst mal: dies ist eine wunderbare idee, vielen dank und viel glück mit dem projekt and alle mitmacherInnen!
ich möchte einen kommentar machen zu diesem eintrag. die phrasen: "biologische vermischung unterschiedlicher ethnien", sowie "kolonialen ursprungs" verschleiern in ihrer abstraktion die massiven gewaltverhältnisse der sklaverei und des sklavenhandels, in denen sich metissage überhaupt erst begründet. da führt die wohlmeinende begrifflichkeit in die verharmlosung. metissage gibt es nicht ohne die legitimierte, massenhafte und zu zuchtzwecken und eigener triebabfuhr verfeinerte massenhafte vergewaltigung schwarzer frauen durch weiße männer, die selbige frauen in besitz hatten. sehr hilfreich dazu zu lesen ist z.b. saidiya hartman's lose your mother (2007). siehe auch broeck, Enslavement as Regime of Western Modernity: Re-reading Gender Studies Epistemology Through Black Feminist Critique, in http://www.genderforum.uni-koeln.de/blackwomenswriting/articles.htm mit weiteren literaturhinweisen. meines erachtens ignorieren gerade die im deutsprachigen raum zirkulierenden kulturtheorien die gewaltverhältnisse der moderne, die hybridität überhaupt erstmal hervorgebracht haben, bzw. diese geraten in das abseits der abstraktion von "assimilationistischer verschmelzung"...