Transkulturalität

Eine Kulturkonzeption, die Kulturen nicht als abgeschlossene Einheiten betrachtet, sondern von stetigen Vermischungsprozessen ausgeht.
Dabei begründet das Konzept nicht die Prozesse der Homogenisierung von Kulturen und der Entstehung einer uniformen Weltzivilisation, die gemeinhin als Globalisierung bezeichnet werden. Auch ist es nicht mit dem Konzept der Partikularisierung, das ein Auseinanderbrechen von Kulturen durch die Neuformierung partikularistischer Gruppierungen heraufbeschwört.
Das Konzept der Transkulturalität versucht vielmehr, stetige Prozesse des Wandels kultureller Identitäten und Formationen zu begreifen ohne dabei die Dynamik und Offenheit dieser Prozesse einzuschränken.

Das Konzept begründet sich auf der Beobachtung der veränderten Verfassung von zeitgenössischen Kulturen:

I Beobachtungen auf der Makroebene:
a)Verflechtung: zeitgenössische Kulturen sind als Folge von Migrationsprozessen sowie von weltweiten Verkehrs- und
Kommunikationssystemen und ökonomischen Abhängigkeiten stark miteinander verflochten. Dadurch treten heute die gleichen Probleme in den scheinbar so unterschiedlichen Kulturen auf (z.B. Menschenrechtsdebatten, feministische und ökologische Bewegungen).
b) Weltweit leben in der Mehrzahl der Länder Angehörige auch aller anderen Länder dieser Erde. Dadurch sind zeitgenössische Gesellschaften durch Hybridisierung gekennzeichnet.
c) Kulturelle Vermischung tritt nicht nur in Pop- und Subkulturen, sondern auch in hochkulturellen Sphären auf.
d) In der Folge verschwimmt die Trennbarkeit zwischen Eigenem und Fremden. Das Fremde existiert nicht mehr außerhalb der eigenen Kultur, damit wird auch das Eigene nicht mehr klar definierbar.

II Beobachtungen auf der Mikroebene
a) Viele Menschen sagen heute von sich, dass sie sich von mehreren Kulturen geprägt sehen. Kulturelle Vermischung ist Teil der Lebenswelt von Schriftstellern, Philosophen etc. geworden.
b) Soziologen bestätigen diese Veränderung und beschreiben moderne Lebensläufe, die ständig wechselnde soziale Zugehörigkeiten beinhalten (vgl. Paul Valéry, Daniel Bell, Edward Said...).

Welsch, Wolfgang (1997): Transkulturalität. Die veränderte Verfassung von Kulturen. Im Internet: http://www.perspektivenmanagement.com/tzw/www/home/article.php?p_id=409, 28.02.1997.

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